In den letzten Wochen habe ich die Gelegenheit genutzt, um neue Menschen kennen zu lernen und meinen Alltag mal mit anderen Themen als sonst zu füllen. Mich auch mal wieder bewusst zurück zu ziehen, um mich mit mir selbst zu beschäftigen. So nach dem Motto: „Gibt es ein Leben außerhalb meiner bisherigen Komfortzone?“
Um in der Freiberuflichkeit Fuß zu fassen, soll ich mich sichtbar machen. Zur Marke werden. Mich präsentieren. Mich auch auf neue Kunden einstellen. Klarheit erlangen über… was auch immer…
Wie ich bisher gelebt und gearbeitet habe, weiß ich. Was ich nicht (mehr) will oder mir (noch) nicht zutraue, weiß ich eigentlich auch. Meine Bedenken und Vorurteile gegenüber bestimmter Lebensformen kenne ich auch zur Genüge. Dennoch… mit der neuen beruflichen Situation wollte ich nun auch die alten Denkmuster noch einmal überprüfen. Also machte mich auf Erkundungskurs:
Die BWL-Abteilung der Bibliothek erkunden.
Besuch eines Yogaschnupperkurses.
Einblicke in Frauennetzwerke
Besuch einer Werbe-Messe mit „Anzugträgern“
Geburtstagsfeier nur mit Pärchen und deren Kindern
Ü40-Party
Vortrag im Arbeitsamt
NLP-Übungen
Eine Woche auf einer Baustelle wohnen
Gespräche mit unterschiedlichen Menschen in verschiedenen Lebensphasen aus verschiedenen Kulturen
Twitteraccount anlegen und zu verschiedenen Themen lesen sowie schreiben
Fazit: Viele meiner Vorurteile fanden ihre Bestätigung, worüber ich so manches Mal doch auch schmunzeln musste. In jeder Begegnung darf ich lernen, wie vielfältig unser Alltag ist. Dass es Spaß macht, Gemeinsamkeiten zu entdecken. Dass ich wieder echte Neugier dafür entwickle, warum eine Biografie so ist wie sie ist. Im Gegenzug bekomme ich die Rückmeldung, dass mein Leben wohl offensichtlich auch spannend und erzählenswert ist. Dennoch gibt es genug Begegnungen, in denen ich spüre, dass ich bestimmte Entscheidungen nicht nachvollziehen kann oder als nicht nachahmenswert empfinde.
Toleranz zu leben ist an manchen Tagen und in manchen Stimmungen eine riesige Herausforderung. Aber so geht es bestimmt oft auch den Menschen, die mir begegnen. Ich genieße die Momente, in denen Gesprächspartner sich die Mühe machen, nachzufragen und zu diskutieren. In denen echte Begegnung möglich ist. Nach denen man auch einfach mal stehen lassen kann, nicht einer Meinung zu sein, ohne sich zu beleidigen.
Auch wenn Meinungen und Verhalten polarisieren, heißt es noch nicht, dass man sich komplett unsympathisch ist. Aber es wird eben schwierig, wenn es nicht möglich ist, sich differenziert zu äußern. Wenn nach zwei Sätzen schon eine Vorurteilsschublade geöffnet wird, die Wut und Stillstand provoziert.
Grundsätzlich ist es menschlich. Wir brauchen Orientierung, um unser Gegenüber einschätzen zu können… nach ein paar Aussagen haben wir den anderen in unseren Erfahrungsschubladen einsortiert. Kenn ich, schon mal gesehen/gehört, erinnert mich an… Aber dort muss sie oder er nicht bleiben.
An manchen kleinen Stellen im Alltag gelingt es mir, die Schubladen offen zu lassen und erlebe dabei doch so manche Überraschung. Aber völlig wertfrei auf andere Menschen und deren Lebenskonzepte zu zu gehen wird noch sehr viel Arbeit werden. Aber vielleicht muss ich das auch nicht jedem Menschen und jedem Verhalten gegenüber sein. Wir werden sehen!